Kälte – kylmä, Kuss – suudella oder Freude – ilo
In den Texten, die in der Ausstellung über finnische Kunst entstanden sind, fanden sich zahlreiche finnische Wörter, die eingebaut, umbaut oder umdeutet wurden.
Die Zuhörer zur Lesung am 2. April in der Weserburg | Museum für moderne Kunst in Bremen kamen reichlich und klatschten ebenso am Ende über die nachdenklichen, frechen, lustigen und besinnlichen Geschichten und Gedichte.
Hier gibts einige Kostproben:
Zum Bild von Marianne Uetinen | Text Doris V.
Auf der Wiese
blüht ein Bauernteppich, aber das Bild ist verblichen.
Du sagst: „Kylmä“, da denke ich an Schafe auf einer saftigen Weide, „Kylmä“, Mäh, mäh, nein, ich mache mich nicht über deine Sprache lustig, es ist doch nur…, nun sei doch nicht beleidigt, es ist doch nur…assoziativ, weißt du, lautmalerisch.
„Na gut,“ sagst du, es ist lämmin, nein, meine Lautsprache lässt mich jetzt eine Schafherde assoziieren, kleine Lämmer kommen auf uns zu, natürlich ist auch ein schwarzes dabei.
Ich sage es dir nicht. „Warm“, sagst du, ich nicke, ja warm, lämmin, also gut. Welche Freude, endlich verstehen wir uns.
„Ilo“, sagst du, ich hab Silo verstanden. „Silo und schau rüber zu dem Bauernhof. „Silo, ja da drüben!“ „Nein“, sagst du,“Ilo“.
Dann eben Ilo denke ich und greife nach deiner Hand.
Wir laufen an der Wiese entlang, schauen hoch, verwirbelte Wolken bedecken das Blau des Himmels, am Wegrand liegt verfilztes Gras vom letzten Winter.
Der Frühling ist da. Es wird warm und meinetwegen lämmin.
Vor uns eine Schafherde, die Lämmer spielen und springen voller Übermut.
Ich glaube an uns, irgendwann werde ich auch deine Sprache verstehen und du meine.
Zum Foto von Elina Brotherus: Landscapes and Escapes VI, 1999 | Text: Angela T.
Ein Tag – Jonakin päiväna
Ich strecke mich gemächlich
schwebe gleichsam
über das Wasser in den Morgen.
Unter mir plätschert
das stille Meer.
Die Luft
wuschelt dazu.
Holz und Eisen
kuitschen miteinander.
Und die Möwen
ach die Möwen
warten ab
ob vielleicht
heute noch
mal
was anderes
passiert
als Wasser
und Wind
an Brückengliedern.
Wohl nicht.
Warum auch?
Aber grade muss wohl
ein Boot gefahren sein
sieh nur
das Wasser dort
wirbelt
Möglichkeiten auf.
Oder doch nicht?
lassen wir sie ziehen
in die Nacht.
Rauhallinnen Lempea!
Ruhe sanft, mein Ich!
Ruhe sanft, mein Du!
Im Blätterwald
flussaufwärts sinkend,
am Uferstein
im Schatten winkend.
Mein Ich, mein Du
im Wellenberg
im Wellental
im Morgenhell
im Hundefell
im Kinderhaar
im Winterjahr
im Sommertag
im Augenschlag
Mein Ich, mein Du!
Mein Du, mein Ich!
Sei mir
im Welttheater
des Pulses Ruhe,
im Schlafgemach
die Liebestruhe
im wandelnd’ Wind
das heimliche Kind
Ruhe sanft, mein Ich!
Ruhe sanft, mein Du!
A.F.