Eine Woche ohne Radio, Musik, Fernsehen und Internet. Nur wir, der See, die Schreibsachen. Als wir im Gutshaus am See eintreffen, haben wir damit nicht gerechnet. Ich war bereits im vergangenen Jahr einmal zu Gast hier im Gutshaus gewesen und kannte den Ort und das Haus und seine Magie. Hier, im Gutshaus mit der Kunstakademie, treffen wir uns zum Schreiburlaub.
Woserin liegt mitten in Mecklenburg-Vorpommern. Einigermaßen bekannt ist es durch das Ferienhaus der Schriftstellerin Christa Wolf. Ihre Familie lebt noch immer hier. Als wir ein paar Tage später vor dem Ferienhaus stehen, entspricht es genau dem Typ Ferienhaus unserer Vorstellungen. Wir seufzen und nicht das erste Mal in dieser Woche, vor lauter Schönheit oder Idylle oder beidem. Idylle ohne Kitsch, geht das? Ja!
Unsere Schreibküche ist groß und hell und ihre Fenster öffnen sich zum See. Morgens treffen wir uns hier zum zweiten Kaffee und ich gebe die Schreibthemen des Vormittages aus. Die passen zum Ort und zur Landschaft, heißen „verborgene Schönheit“ oder „Findling“ oder „Farben“. Am Nachmittag, nach dem gemeinsamen Essen, wird es neue Themen geben, aber jetzt nehmen wir unsere Fotoapparate oder Handys (endlich kommen sie wieder zum Einsatz) und wir schwirren aus. Die Motive sind leicht gefunden, gar nicht so leicht ist es diese in Worte zu fassen. Literarisch soll es sein.
Nach zwei Stunden treffen wir uns wieder in der Küche, lesen unsere ersten Versuche vor, sind berührt von der Offenheit, der Tiefe, der Ehrlichkeit. Macht das der See mit uns? Seine glatte Oberfläche, unter der es vierzig Meter in die Tiefe geht?
Einige Schreiberinnen waren ganz früh am Morgen während des Sonnenaufgangs schwimmen. Der war so schön, dass ein Teilnehmer vor Benommenheit sein Handy in der Badehose ließ, als er ins Wasser ging. Komplettes Detox-Programm.
Abends sitzen wir zusammen bei Tee oder Wein, manchmal jeder für sich, oft gemeinsam. Sabine und Michael, die Hausherren, haben ein Feuer am See angezündet und wir schauen in die Flammen. Wir reden oder sind still. Genießen.
Am Samstagnachmittag veranstalten wir eine Lesung mit unseren Texten im großen Atelier mit Blick auf den See und laden die Nachbarn ein, die auch kommen! Sabine hat Kuchen gebacken und Michael Kaffee gekocht.
Und dann ist der Schreiburlaub schon wieder zu Ende.
Ich bin froh, dass ich im Februar wiederkommen darf und im September und im Februar darauf. Ansonsten wäre der Abschied schwerer von Woserin!
PS.: Ab Oktober gibt es dann ganz schnelles Internet, die Kabel werden gerade angeschlossen. Vielleicht kann man ja den Gastzugang im WLAN limitieren? Ach was, der See wird seine Magie ausüben und jeder sein eigenes Stille-Wunder erleben. So wie wir in dieser ersten Woche im September im Gutshaus am See…
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