April, 2016 | Anke Fischer

Wunschleben

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Hier ist meine Geschichte von der letzten Lesebühne im Café Lisboa zum Nachlesen:

Wunschleben                                                   von Anke Fischer

Ich schlug die Augen auf. Alles war unscharf. Ich versuchte, meine Pupillen scharf zu stellen oder das, was mich scharf sehen ließ, doch es blieb verschwommen. Ein milchig weißer Belag hatte sich über meine Augen gelegt. Er brannte. Ich setzte mich ruckartig auf, die Decke fiel auf meine Beine. Mein Herz begann zu rasen. Ich würde erblinden. So fühlt es sich an, wenn man erblindet. Man wacht auf, sieht nicht mehr scharf, sondern verschwommen. Und irgendwann ist alles nur noch dunkel. Wenn ich blind bin, kann ich nichts mehr lesen, nichts schreiben. Mein Herz klopfte stärker. Was wäre das für ein Leben? Ich schloss die Augen, lehnte mich zurück. Bitte, ich möchte nicht blind werden, sprach ich in die Luft. Read More

Impressionen von der Lesebühne

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Am vergangenen Donnerstag, 31. März, lasen zur Lesebühne im Café Lisboa in der Bremer Neustadt drei AutorInnen und ich insgesamt fünf Geschichten. Das Thema war: Alles oder Nichts – von Heldinnen und Menschen, die vor sich hin leben oder gelebt werden.
Tilman Wittenhorst aus Hannover begann und las die Geschichte „Roswithas Fahrrad“. Ein Junge beobachtet beim Eislaufen, wie seine ältere Cousine alles riskiert und ein Mädchen vor dem Ertrinken rettet – und dann selbst ertrinkt. Der Junge erbt das Fahrrad seiner Cousine und fährt entlang des Sees, versucht seine Ängste vor dem Leben zu überwinden. Erst zehn Jahre später schafft er es.
Martina Rapp erzählte anschließend in „Esme“ von einer Jugendlichen, die mit ihren Eltern nach Europa floh, als sich aber dann die Chance ergibt, alles auf eine Karte setzt und mit einem Sammeltaxi nach Paris fährt – ohne Eltern, ohne Geld. Dort lernt sie einen jugendlichen Streuner kennen. Die Geschichte beginnt…
Anschließend erzählte ich von einer jungen Frau, die in den 50er Jahren in eine Kaufmannsfamilie geboren wurde, die einen Tabakladen unterhält. Alles oder Nichts, diese Wahl gibt es für sie nicht, sie muss im Geschäft der Eltern arbeiten. Ihr Zwang, sich nach jedem Kunden intensiv die Hände zu waschen, verhilft ihr in den wenigen Stunden, in denen die Kurzgeschichte spielt, nicht zu einer Veränderung.
Nach der Pause ließ Joana Sulimma einen jungen Mann erzählen, der sich mit Freude zunächst dem Narzissten Nathan anschließt und dann, als sich die Chance ergibt, dem Musiker Lenny folgt. In der zweiten Reihe zeigt er sich seinem jeweiligen Gönner loyal, aber nur solange, bis sich etwas Besseres, Größeres, Berühmteres zeigt.
In der letzten Geschichten ließ ich eine nicht mehr ganz junge Frau erzählen, die alles hat und nichts mehr will. Denn mit Wünschen, die garantiert erfüllt werden, muss man erst einmal umgehen können. Wähle ich äußere Schönheit und Reichtum und macht es mich glücklich? Da hilft nur ausprobieren…

Herzlichen Dank an alle AutorInnen, an das Publikum und das Café Lisboa. Dies war die letzte Lesebühne in dem kleinen Café. Wir ziehen um: in die Kulturküche Bremen mit mehr Platz und einem atemberaubenden Blick auf die Weser.

Nächster Termin: Donnerstag, 26. Mai um 19 Uhr in der Kulturküche. Das Thema dann ist:
Unterwegs – in der Welt und im Leben„!